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Kairo und dann lieber Montreal

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Karim Shukry - Take me home to Cairo

Ägypten – das war ein Land in das ich immer reisen wollte. Nicht der Kultur wegen, Nil, Pyramiden und das alles – nein, ich dachte an die Straßen von Kairo, an blökende Mopeds und Cafés aus denen laute Radios krumme Rhythmen blechern trommeln. Kairo muß eine Metropole sein, die heimlich das enthält, was einmal Ägypten war, in jedem Minztee und jedem Mokka und jeder Story, die der eine dem anderen ausschmückt wie einen gedeckten Tisch. Irgendwie muß alles Menschsein stellvertretend dort vor sich hin kochen, dachte ich, Armut und Reichtum Tür an Tür, Wahrheit und esoterischer Glaube. Einmal hatte ich ein Visa für das Land (als man noch Reisepässe und Visas brauchte), aber es gelang mir nicht anzukommen.

Jedenfalls zögerte ich keinen Moment, als ich in einer Flohmarktkiste eine Single fand, auf der in großen gelben Lettern „Cairo“ stand, stilisierte Häuser duckten sich weiß in den Hintergrund und ein trauriger Silberblick flehte über das Cover hinaus: „Take me back to Cairo“. Karim Shukry nannte sich der Interpret und darunter tauchte auf dem Cover auch der Name des Komponisten auf: Andre Ryder.

Der Song erschien 1961 und ist ein Mix aus hüpfenden arabischen Flöten und Trommeln und westlichen Melodien auf dumpfen Bigbandteppichen; arabische Frauen singen und trällern dazwischen – auf arabisch – und treiben das Ganze in ein swingendes Multi-Bekenntnis. Er war seinerzeit sehr erfolgreich im Nahen und Mittleren Osten, weil er Ohrwurmqualitäten hat und eine sympathisch vibrierende Stimme.

Der Song wurde wiederbelebt von Samir El Eskandarany, als er auf einem Album in den achtziger Jahren arabische Oldies neu aufnahm und vermischte mit modernern Pop-Elementen und er sich vor allem mit Karim Shukrys Song  in neuem Gewand in die Herzen der Hörer spielte.

Von Shukry weiß man im Allgemeinen nicht viel. Das rührt daher, daß der Name lediglich ein Pseudonym war für Jean Zaloum, der schon ab dem frühen Alter von 16 Jahren bei Metro Goldwyn Mayer in Cairo arbeitete und später viele wichtige westliche Filme in Äygpten begleitete, meist die Public Relations übernahm, bspw. für „Das Tal der Könige“.

Er ging bald nach dem Erfolg seiner Single nach Canada, nach Montreal, um dort als Filmproduzent sich einen Namen zu machen. „Karim Shukry“ war also nur eine kleine Episode im Leben von Jean Zaloum, das sich von Jugend an eigentlich immer mehr um den Film als um die Musik gedreht hatte.

Es ist jetzt nicht mehr überraschend, daß hinter Andre Ryder ein Filmmusik-Komponist steckt, der vor allem in den 50er und 60er Jahren für ägyptische Filme komponierte und darüber hinaus: die ägyptische Nationalhymne.

Die vorliegende Platte ist erschienen auf dem Label Mirtouche und ist zumindest hierzulande sehr selten (und es sieht so aus, daß es die einzige Veröffentlichung des Labels blieb). Die B-Seite ist ein durch und durch westlich geprägter Sinatra Verschnitt, der sich natürlich um die Liebe dreht.  „You make me surrender if you say you’re mine“ – Shukry singt das nicht schlecht nicht gut. Es plätschert so hin an die Bar. In der ich in meinen Gedanken auch schon in Kairo war.

Written by kapuzimann

Januar 22, 2010 at 10:19 pm